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Was sich nach einer köstlichen spanischen Süßspeise anhört, ist auch tatsächlich ein wunderbares Rezept, gezaubert aus Tragik, Melodramatik, Komik, viel Liebe und Gedankentiefe, sowie selbstlosem Engagement aller Beteiligten. Eine phantastische Mischung. In den Hauptrollen: Don Quijote, der Idealist von idealen Lebensentwürfen, sein Diener und Freund, ein wurstversessener, bodenständiger Hanswurst namens Sancho, eine zauberhafte, bezaubernde Dulcinea und der arrogante Schönling und Möchtegern-Boss Miguel.

Das alles zusammengenommen bildet die Zutatenliste für das Seehasenmusical 2015 der Realschule Ailingen. Zusammengestellt und experimentiert, probiert und umgesetzt in über sieben Monaten.

Am Donnerstag, den 16. Juli 2015 fand die Prämiere statt. Zum ersten Mal standen nun die Jugendlichen Akteure 1500 Zuschauern im Hugo-Eckener-Saal des Graf-Zeppelin-Hauses in Friedrichshafen gegenüber. Aufregung, Spannung, Angst und Panik wechselten sich ununterbrochen mit der Freude über die Premiere, dem Ehrgeiz und der lockeren Ausgelassenheit hinter dem Vorhang und in den Katakomben unterhalb des Graf-Zeppelin-Hauses ab. Um 18:30 Uhr wurde das Foyer eröffnet und was das Publikum hier zu sehen bekam, war schon mal ganz und gar anders, als das Gewohnte. Denn zum ersten Mal in der Geschichte des Seehasentheaters verwandelte ein „Fest im Fest“, ein „Seehasenfest en miniature“, das Entree des GZH und sogar den Hugo-Eckener-Saal, in eine Festmeile mit Popcornstand, Artisten, Auto-Scooter, Akrobaten und Musikanten. Selbst an Putzpersonal in gelben Latzhosen war gedacht worden – allesamt Schüler – die für Sauberkeit und Ordnung sorgten. Ein durch und durch gelungener, festlicher Auftakt!

Um Punkt 19:30 Uhr wurde es dann still. Dr. Herrmann Dollak, Präsident des Seehasenfestausschusses, besteigt die Bühne und nach einer Begrüßung der Gäste, folgen ein paar Worte zum Musical. „Einmal ein Held sein, für das Gute kämpfen, das Böse besiegen und ruhmreich von allen verehrt werden. Wer hatte nicht schon so einen Traum?“. Ein Idealist, sei dieser Don Quijote, „ein Held aus grauer Vorzeit“, für den „Phantasie zur Wirklichkeit und Wirklichkeit zur Phantasie“ werde, so Dollak. Zum Glück, dass sein Gefährte, Freund und Diener Sancho ihn immer wieder in seiner einfältigen Art auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Als dann die ersten Takte der Eröffnungsmusik aus dem Orchestergraben aufstiegen und den Raum erfüllten, waren alle wie in Trance. Musiker und Schauspieler, Techniker und Zuschauer, das Diesseits und das Jenseits der Bühne gingen eine Symbiose ein und die Parodie des „Don Quijote de la Mancha“ von Miguel de Cervantes entführte alle in eine andere Welt.

Noch am Vormittag hatten die Schauspieler unter der perfektionistischen Federführung von Pascal Kaiser geprobt. „Du darfst das nicht so schnell herausholen. Man muss erkennen, dass das etwas ganz Wichtiges für dich ist!“, hatte Pascal Kaiser zu Simon Prüß, dem „fahrenden Ritter von der traurigen Gestalt“ Don Quijote, gesagt. Nun öffnete der durch und durch überzeugende Quijote das Zalando-Paket, das der Ritter, von Liebeswahn getrieben, als Geschenk von Dulcinea zu erkennen glaubt, mit der Hingabe und Vollkommenheit eines professionellen Schauspielers. Ebenso meisterhaft wurde auf der Bühne getanzt, gekämpft, gesungen, geträumt, gehofft und dargestellt. Vom Chor der Realschule Ailingen nach der Art des griechischen Theaters inhaltlich und dramaturgisch unterstützt, rollten die Akteure ihre Geschichte aus. Don Quijote, ein junger Idealist alter Schule, sieht seine Bestimmung darin, dem Unrecht auf der Welt den Kampf anzusagen. Sein Freund und Diener, der wursthungrige Sancho, begleitet ihn auf seinen Reisen und erdet seinen Herrn und Meister wenn dieser abzuheben droht und sich Realität und Wunschdenken miteinander vermischen.

Hinzu kommt natürlich die unsterbliche, große Liebe: seit seiner ersten Begegnung mit Dulcinea, dem wunderschönen Mädchen aus einer Jugendgang, von der er sich zum Ritter schlagen ließ, ist ihm eines klar geworden: für Dulcinea in den Kampf gegen das Böse zu ziehen, ist ihm höchste Pflicht. Und wenn er dabei ums Leben kommt! Leider hat die Sache einen Haken: Dulcinea ist die Freundin von Miguel und damit ist Stress vorprogrammiert. Da die Welt der Phantasie und die reale Welt für Don Quijote dieselbe ist, entpuppt sich ein Riesenrad als Monster und ein heruntergekommener Bauwagen als Burg. Indes weitet sich sein Horizont. Nachdem er die Sage vom Seehasen vernimmt, der nun durch eine nur noch an Spaß orientierte Gesellschaft immer mehr in Vergessenheit gerät, ernennt er sich selbst zum Rächer des Hasen, denn Ungerechtigkeit ist ihm ein Graus.

Aber nicht nur in der Sagenwelt und in philosophischen Gedanken findet Don Quijote seine Herausforderungen, sondern auch in der Sprache. Diese scheint ihm recht einfach zu sein, tauche darin doch immer wieder das Wort „Aalda“ auf. Diesen Kulturschock meistert Quijote mit wahrlich aristokratischer Größe, denn „wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen“: er macht sich diese Sprache zueigen, um sich unter das Volk zu mischen, denn „Fremde Kulturen erfährt man nicht durchs Zusehen“. Ganz nebenbei wird ihm die „Ehre“ erwiesen, seine Angebetete zu besuchen. Von der Gang um Miguel verhöhnt, macht sich der leichtgläubige Ritter auf den Weg, um die vermeintlich von einem Drachen entführte Dulcinea zu befreien. Unter dem Gespött der Jugendlichen, die ihm eine Reise mit einem fliegenden Teppich vorgaukeln, bricht Quijote zusammen. Für tot gehalten stieben die Teenager, die jede Verantwortung an seinem Tod leugnen wollen, auseinander und lassen den Ermatteten zurück. Zum Glück taucht just in diesem Augenblick Dulcinea auf und die Liebe allein kann dem Ritter neue Lebenskraft spenden. Desillusioniert und in einem Anflug von Realismus sieht sich Quijote genötigt, der Phantasie und Träumerei zu entsagen, um wirklich „wirklich“ zu sein. Dulcinea jedoch appelliert an sein Gefühl. Sie möchte mit ihm träumen, mit ihm Drachen bekämpfen und das Leben eines fahrenden Ritters teilen. Ende gut, alles Gut? Selbstverständlich!

Am Schluss kriegt selbst der gefräßige Sancho seinen Lohn für treue Dienste. Sancha, das Pendant zu Dulcinea betritt die Bühne und in einer Tanzszene zu wilden Broadway-Klängen, denen sich dann noch ein Seehasenumzug der Spitzenklasse anschließt, endet alles so, wie es angefangen hat: phantastisch.

Selbst Oberbürgermeister Andreas Brand konnte seiner Freude
über das gelungene Musical nicht genug Ausdruck verleihen:
„Ihr habt mit Herzblut und Begeisterung ein ganz großartiges Seehasentheater aufgeführt.“,

so seine Dankesworte, bevor Publikum und Schauspieler das obligatorische „Heimatlied“ anstimmten.

Hier hat sich auf sehr gelungene Weise „West-Side-Story“ und „Die Zauberflöte“ zu spanischen Klängen auf dem Seehasenfest getroffen. Ein wahrer Geniestreich von Martin Obert, Musik- und Deutschlehrer an der Realschule Ailingen, der Text und Musik geschaffen hat und der mit Pascal Kaiser, Theaterpädagoge und passionierter Künstler, einen wunderbaren Partner für dieses grandiose Rezept für alle Sinne gefunden hat. Die durchwegs positive Tagespresse am darauffolgenden Tag, die mit Superlativen nicht geizte, setzte der wunderbaren Stimmung und der noch wunderbareren Arbeit die Krone der Öffentlichkeit auf.

 

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